Digital Sales – Buzzword oder Strategie

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Annäherung an ein komplexes Thema – ein Gastbeitrag von Friedrich Schreieck

Unter „Digital Sales“ verbergen sich unglaublich viele Ansätze, Konzepte, Ideen und Definitionen. Nach meiner Lesart ist Digital Sales keine „Digitalisierungsstrategie“, sondern die operative Digitalisierung der Strategie (Geschäftsprozesse). Sie konzentriert sich auf eine andere Geschäftsabwicklung mit digitalen Mitteln. Und da die digitale Agenda alle Aspekte des Geschäftsmodells berührt, bedarf es auch einer ganzheitlichen Betrachtung.

Digital Sales kam in drei Phasen

Betrachtet man die Entwicklung von Digital Sales auf einer Zeitachse, so kann man drei Phasen der Digitalisierung erkennen:

In der ersten Phase implementierten Unternehmen punktuelle Insellösungen: eine Website, eine mobile Lösung oder nutzten eine Technologie zur Verbesserung eines Arbeitsprozesses. Die Lösungen sind aus Technologie- oder Datensicht nicht integriert und arbeiten als eigenständige Insellösung. Die ersten Onlineshops haben noch keinen automatisierten Datenaustausch mit dem WaWi oder dem ERP. Die Produkte werden in der Regel noch mit der Hand eingepflegt. Ein zentrales Produkt Informationssystem gibt es noch nicht. In der Regel sind die kaufbaren Produkte Verbrauchsartikel.

In der zweiten Phase erkennen die Unternehmen, dass ein Datenaustausch zwischen den einzelnen Insellösungen ein großes Effizienzsteigerungspotential birgt. Fand bislang kein Datenaustausch und keine Integration auf Unternehmensebene statt, so rückt jetzt diese Notwendigkeit einer Digitalisierung in den Fokus. Die ersten Enterprise Shoplösungen werden implementiert und in die Backendsysteme der Unternehmen integriert. PIM-Systeme werden implementiert und der Datenaustausch mit den Shopsystemen wird verstärkt. Die ersten Konfiguratoren ermöglichen den Onlinekauf von Gebrauchsartikel (konfigurierbare Notebooks, Möbel, aber auch T-Shirts etc.). Die Unternehmen haben in der Regel Standard-Systeme implementiert und Geschäftsmodelle auf funktionaler Betriebseffizienz aufgebaut mit entsprechender isolierter Verantwortung im Management und Personal.

Die dritte Phase rückt Digitalunternehmen in den Fokus. Sie haben ihr Geschäftsmodelle auf Technologie und Erkenntnissen aufgebaut. Sie schätzen ein hohes Innovationstempo und können sich bei Bedarf ändern. In ihrer Kultur geht es darum, neue Wege in den Geschäftsmodellen zu finden und sie praktizieren eine agile Arbeitsweise. Sie brauchen keine Digitalisierungsstrategie. Sie entwickeln bessere Strategien auf der Basis der Digitalisierung. Die Onlineshops kommunizieren bidirektional mit Backendsystemen (ERP, PIM u.a.), Logistiksystemen und externen Systemen. Die kundenspezifische Konfiguration von Investitionsgütern hält Einzug in die Onlineshops. Der Informationsbedarf des Kunden im Frontend ist gewachsen und das Backend muss die gewünschten Informationen in Echtzeit liefern. Servizitation und Customer Centricity rücken im B2B-Commerce in den Fokus und erweitern das Bild des Digital Sales.

Willkommen im Hier und Jetzt

Digital Sales heißt Komplexität steuern, um Kundenerlebnisse zu liefern. Nicht nur der Vertrieb ist in den Sales-Prozess involviert. Jetzt erfordert es eine intensive Zusammenarbeit von vielen Abteilungen (z.B.) F&E, Produktion, Vertrieb, Marketing, PR, Logistik).

Die Anforderungen an die Mitarbeiter (People) und HR, aber auch an die IT, an die Prozesse und an die Orga steigen. Prozesse werden jetzt kontinuierlich analysiert, mit Kundenanforderungen abgeglichen und optimiert. Die Unternehmensbereiche und das Portfolio werden auf Kundenbedürfnisse ausgerichtet und koordiniert. Mitarbeiter werden integriert, motiviert und für Kundenorientierung sensibilisiert.

Die (Kunden)-Daten werden einheitlich und vernetzt organisiert. Der Austausch und Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen unterstützen diesen Prozess. Vertrieb und Marketing verschmelzen zu einer Einheit, die Zusammenarbeit wird intensiviert. Regelmäßige Erfolgsmessungen und Maßnahmen zur Früherkennung von Marktveränderungen werden als stetiger Prozess implementiert.

FORRESTER postuliert: Kunden sind die neuen Marktmacher, die Branchen neu gestalten und die Art und Weise verändern, wie Unternehmen konkurrieren und gewinnen (Vgl: https://www.forrester.com/report/The+State+Of+Digitized+Selling/-/E-RES150015)

Friedrich Schreieck

Über den Autor

Der Autor, Friedrich Schreieck, Dipl. Pädagoge, Dipl. Soziologe, hat als geschäftsführender Gesellschafter eine E-Commerce-Agentur mit zuletzt 40 Mitarbeiter*Innen aufgebaut und nach 15 erfolgreichen Jahren 2019 verkauft. In diese Zeit fällt auch der Beginn der Zusammenarbeit mit Hansjörg Gutensohn von Goodson GmbH und mehreren komplexen E-Commerce-Projekten mit PIM-Integration. Friedrich Schreieck arbeitet heute als Unternehmensberater und B2B-E-Commerce Consultant u.a. für Goodson.

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